Die Alt-Königsberger Geschichten führen den Leser auf eine Reise in eine vergangene Zeit. Die Geschichte der Stadt und das Lebensgefühl seiner Menschen werden liebevoll porträtiert.
Aus dem Inhalt....
ALTE LIEBE
Von Zeit zu Zeit senden mir freundliche Landsleute Berichte zu, die sie in alten Zeitschriften über unsere Heimat, über Königsberg oder gar über mich entdeckten. So fand vor kurzem auch ein etwas vergilbtes Blatt zu mir, wo eine Thüringerin über ihre Reise nach Ostpreußen erzählt und von ihrer Wanderung durch Königsberg an Hand einer hilfsbereiten Unbekannten. Was diese, eine direkte Nachkommin des erfindungsreichen Odysseus, ihr alles von den Sehenswürdigkeiten unserer alten Haupt- und Residenzstadt erzählt hat, wage ich nur zu vermuten. Jedenfalls witterte sie bald literarische Verehrung für mich, und so zeigte sie der Fremden "mein Vaterhaus", wo ich geboren war und aufwuchs, wo ich dichtete und lebte, bis ich auf die Hufen zog, um mich dort, nie getröstet, danach zu sehnen. Es war eine rührende Geschichte, und ich war beim Lesen sehr ergriffen - am meisten, weil nichts, aber auch gar nichts davon stimmte. Was mich gegenüber der gutgläubigen Verehrerin recht bedrückt. Denn meine Natur ist die des seßhaften Nachkommen von Bauer und Bürger, und ich wäre einem Vaterhaus treu geblieben über alle Mängel und Zeiten - allein das Schicksal wollte es nicht. Denn es gab mir Eltern, die trotz jener Vorfahren - zu meinem mit jedem Jahr wachsenden Erstaunen - dem in jenem verstädterten Zeitalter weit verbreiteten Irrtum verfielen, daß nur eine Mietswohnung erstrebenswert sei.
So begann schon früh zu meiner Qual der immer gleiche Wechsel von Wohnungssuche und Auszug, von Einzugschaos, neuen Hoffnungen, begeisterten Verwandtenkaffees - und wachsenden Enttäuschungen bis zum neuen Entschluß: "Wir ziehn!"
Nun begriff ich schon im Flügelkleide, daß auch die schönste auf Kündigung gemietete Wohnung niemals das sein kann, was nur ein eigenes Haus für Menschen bedeutet, die das Gemüt eines Hauskaters mitbekommen haben und für die es schon unsagbare Bitternis bedeutet, aus geliebten Räumen fortzugehen....
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